Gut begleitet

Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt: Assistenz in der Kita

Arbeit inklusiv im Kindergarten Horb

Berufliche Teilhabe für junge Frau mit Down-Syndrom

Die 20-jährige Mirjam Brindle arbeitet mit Handicap im Johannes-Kindergarten. Der Weg der Nordstetterin ist im Landkreis einzigartig und leider noch keine Selbstverständlichkeit. Ihre Mitarbeit wird durch Mittel des Fonds Inklusion leben gefördert. Mirjam hat von Kindesalter an Inklusion erlebt – im integrativen Kinderhaus in Nordstetten, in der dortigen Grundschule, in einer Außenklasse in Altheim-Dettingen. Freundinnen aus der Schule trifft sie noch heute. Zum Ende ihrer Schulzeit war sie als Praktikantin bei umliegenden Kindergärten tätig – neben dem Johannes-Kindergarten auch in Mühlen, Talheim, Sulz und Rottweil. Der Übergang von der Schule in das Berufsleben ist für Menschen mit Handicap ungleich schwerer. Durch den Berufsbildungsbereich arbeiten viele Menschen mit Behinderung in Werkstätten – doch Mirjam ist einen anderen Weg gegangen.

Nach dem Praktikumsjahr hat sie für zwei Jahre berufliche Qualifizierung im Kindergarten, die nun enden, ein persönliches Budget von der Agentur für Arbeit Nagold erhalten. Neben Geld für die assistierende Mutter deckt dies noch eine sozialpädagogische Betreuung: Annette Wanner ist freiberufliche Sozialpädagogin und begleitet die Familie seit Längerem. Dabei arbeitet sie mit dem Verein „Gemeinsam Leben Gemeinsam Lernen für Inklusion im Landkreis Göppingen e.V.“ zusammen. „Mirjams Inklusion ist in dieser Form einmalig im Landkreis“ sagt sie. Wanner betont, dass auch in Werkstätten gute Arbeit geleistet werde–das persönliche Budget sieht sie als Teil von Wahlfreiheit, auch in Bezug auf das Schulwesen. Das Elternhaus sei dazu entscheidend für erfolgreiche Inklusion, und im Fall von Mirjam sei die familiäre Begleitung vorbildlich.

Überhaupt hat Mirjams Wirken Leuchtturmfunktion, denn betroffene Familien wissen oft nicht von der Chance, die ein persönliches Budget bietet. Es ermöglicht der 20-Jährigen, zwölf Stunden in der Woche im Johannes-Kindergarten zu arbeiten, dazu ist sie jeweils dienstags in Ahldorf bei einem Malkurs beteiligt. Das alles mit einer Selbstverständlichkeit, die zentral für erfolgreiche Inklusion ist. Unabhängig vom Arbeitsplatz sind die Beschäftigten begeistert von Mirjam. „Sie hat so ein fröhliches Wesen“, sagt eine Erzieherin. Ihre Mutter empfindet die Krankheit nicht als Leid. Sie ist Erzieherin und in Vollzeit als Mirjams Assistentin tätig. Dabei begleitet sie ihre Tochter und achtet etwa darauf, dass wichtige Routinen beibehalten werden. Mit Kindern umzugehen, liege Mirjam aufgrund ihrer emotionalen Intelligenz besonders. Sie wisse genau, wann sie ein Kind auf den Arm nehmen müsse. Mirjams Mutter musste für die durchgehende Inklusion kämpfen, erfuhr aber auch immer wieder Unterstützung – beim Arbeitsamt Nagold durch Roland Lausch, beim evangelischen Kirchengemeinderat, beim Sozialamt Freudenstadt, das sich schon zu Schulzeiten einsetzte.

Der Johannes-Kindergarten ist Vorreiter bei der Inklusion, denn er hat auch zwei taube Kinder und ein weiteres Kind mit Handicap in seinen Gruppen. „Kinder haben keine Hemmschwelle bei der Inklusion“, sagt Claudia Buck, evangelische Kirchengemeinderätin. Der Kindergarten sei ideal, da Kinder viel unbedarfter mit Handicaps umgingen als Ältere. „Teilhabe ist Menschenrecht“, sagt Wolfram Keppler, Geschäftsführer des Aktionsplans „Inklusion leben“ der Diakonie Württemberg. Geld aus dem Inklusion-Fonds der Landeskirche ermöglicht auch, dass Mirjam auch 2018 im Kindergarten arbeiten kann, inklusive der Betreuung durch Annette Wanner. Zusätzliche Unterstützung wird in diesem Jahr vom Sozialamt Freudenstadt geleistet. Mirjams berufliche Qualifikation endete am Mittwoch mit der feierlichen Übergabe des Abschlusszertifikats durch das Arbeitsamt Nagold–ohne, dass damit ihre Zeit im Kindergarten vorbei wäre. „Ich komme wieder“, sagt sie beim Gruppenfoto–dabei gibt es niemandem im Kindergarten, der sie gehen lassen will. 

Quelle: Südwestpresse Horb

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